Der Sessel. Ein Drama in sechs Akten.

Ich wusste ja eigentlich, dass der Lieferservice des blau-gelben Möbelhauses einen ziemlich schlechten Ruf hat. Aber ich ging das Risiko ein, mir dort einen Sessel zu kaufen – der leider nicht in mein Auto passte – und mir diesen liefern zu lassen. Denn alles, was ich an Schauergeschichten gehört hatte, war schon eine Weile her und bestimmt hatten DIE ja inzwischen was gelernt…

Hatten sie nicht. Weshalb es nun eine weitere Schauergeschichte gibt, nämlich meine. Besagten Sessel kaufte ich Anfang Februar. Ich war erst in einem Möbelhaus vor Ort zum Ausprobieren und kaufte das Ding wenig später online, weil ich es sowieso liefern lassen musste.

Und es fing eigentlich auch gut an. Ich bekam einen Liefertermin per Mail, so ca. 10 Tage später und auch die App zeigte das korrekte Lieferdatum an. Das „Zeitfenster“ war zwar ziemlich groß – 7 Stunden lang sollte ich Zuhause warten – aber es wurde angekündigt, dass dieses nochmal auf die Hälfte eingegrenzt werden würde, wieder per Mail direkt morgens am Liefertag.
Klang gut, war aber zu gut, um wahr zu sein. Am Liefertag kam sogar besagte Mail. Bis spätestens zehn Uhr sollte der Sessel da sein und man würde mich ca. 1 h vorher auch noch mal anrufen. Kurz vor zehn Uhr klingelte dann tatsächlich mein Handy und jemand von der Spedition XYZ teilte mir mit, in einer halben Stunde wären sie da. Bis dahin schien noch alles im grünen Bereich.

Nach zehn Minuten klingelte mein Handy noch mal, dieselbe Nummer, dieselbe Stimme: „Entschuldigung, ich habe was durcheinander gebracht, Sie sind gar nicht mein Kunde.“ Bevor ich ihn fragen konnte, woher er dann meine Nummer hat, hatte er schon aufgelegt. An diesem Tag passierte weiter nichts mehr. In der App erschien gegen 14 Uhr die Mitteilung „Uups, da ist was schiefgegangen. Bitte wenden Sie sich an I…“

Das mit dem „Bitte wenden Sie sich an…“ war gar nicht so einfach. Auf den Kontaktseiten fand ich nur vorgefertigte Links zu dämlichen Standardfragen. Ein wirklich offenes Kontaktformular für „Es ist etwas schiefgegangen“ gab es einfach nicht. Es ist auch derart gut versteckt, dass man/ frau es kaum intuitiv finden kann. Inzwischen weiß ich ja, dass es eins gibt.

Damals jedoch gab ich für diesen Tag erstmal auf, ich musste ja auch noch ein bisschen arbeiten. Wie gut, dass ich wenigstens im Homeoffice hatte bleiben können und keinen Urlaub nehmen musste. Am nächsten Tag, da war ich im Büro, klingelte mein stummgeschaltetes Handy am Vormittag zweimal kurz nacheinander. Ich konnte nicht einfach ran gehen, hatte gerade einen Termin.

Abends fand ich dann eine Mail: man hätte mich telefonisch nicht erreicht, deshalb bekäme ich nun per Mail einen neuen Liefertermin. In der nächsten Woche sollte es nun also klappen. Wäre ja immer noch ok, war ja immer noch Februar. Der neue Termin erschien allerdings nicht in der App, das fand ich schon merkwürdig. Und zum Termin passierte dann auch nichts. Kein Zeitfenster, kein Anruf, keine Lieferung.

Ich antwortete auf die Mail, die ich bekommen hatte und bekam schon eine Woche später einen erneuten Rückruf, den ich diesmal annahm. Die Kundendienst-Mitarbeiterin war sehr freundlich, ließ sich den ganzen Vorgang aus meiner Sicht noch mal schildern und versprach einen neuen Termin. Sie schob alles auf die Spedition, die hätten den zweiten Termin schlichtweg ignoriert. Deshalb sollte ich einen neuen erst bekommen, wenn sie das mit der Spedition geklärt hatte.

So vergingen weitere zwei Wochen, dann kam der dritte Termin. Und zum Termin kam auch was: zwei Kartons, ein sehr großer und noch ein kleiner dazu. Das irritierte mich etwas, denn mein Sessel war eigentlich ein Einteiler, aber vielleicht war noch was zum Zusammenbauen dabei. Ich ließ die Kartons erstmal im Flur stehen, arbeitete weiter (wieder im Homeoffice) und schaute mir die Lieferung dann mittags näher an.

Alles sah gut aus, aber leider nur fast: die Bezeichnung stimmte, die Farbe auch, aber es war das falsche Modell. Vor diesem Sessel gab es drei Varianten, einmal schlicht, dann mit Fußhocker dazu und schließlich einen Ruhesessel, den man zurück kippen konnte und wo dann ein Fußteil herausklappte. Diesen hatte ich bestellt, erhalten hatte ich Nummer zwei. Einen starren Sessel mit Fußhocker. Nett, aber so nicht bestellt.

Diese drei Modelle hatte alle dieselbe Bezeichnung und nur verschiedene Produktnummern. Und genau die war bei meinem Karton so doof abgerissen, das ich sie nicht hatte prüfen können. Die Spedition offensichtlich auch nicht. Leider jedoch hatte ich den Lieferschein unterschrieben. In der App erschien folgerichtig ein herzlicher Glückwunsch zum neuen Möbelstück und von meinem Konto verschwand der Kaufbetrag. Mist!

Ich versuchte, den Kundendienst anzurufen, aber niemand ging ran. Also nahm ich die Mailadresse und schilderte schriftlich, dass und warum ich den falschen Sessel erhalten hatte. Ich erhielt eine automatischen Antwort, dass man meine Nachricht erhalten habe und ca. fünf Arbeitstage mit einer Reaktion rechnen könnte. Bitte vorher keine Nachfragen, die würden das Ganze nur verzögern. Wow, was für Bearbeitungszeiten!

Es dauerte nicht nur fünf, sondern noch ein paar mehr Tage, da erhielt ich wieder einen Anruf. Man ließ sich noch mal ganz genau erklären, was an meinem Sessel falsch war und dann erhielt ich wieder einen Termin bzw. sogar zwei, für die Lieferung des richtigen Sessels und für die Abholung des falschen. Dass beides bei nur einem Termin von nur einem Spediteur erledigt werden könnte, war wohl zu einfach.

Damit ich auch richtig Spaß an der Sache habe, wurde zuerst der richtige Sessel geliefert und dann der falsche abgeholt. Wer meine kleine Wohnung kennt, kann sich vorstellen, was das bedeutet. Immerhin war es wenigstens derselbe Tag, sodass ich nur ein paar Stunden zwischen den beiden großen Möbelstücken verbringen musste.

Das waren dann also summa summarum fünf Termin, bis alles so war, wie ich es mit vorgestellte hatte. Und es war inzwischen Ende März, ca. sechs Wochen waren seit dem Kauf vergangen.

Seit ein paar Woche steht der Sessel nun in meinem Wohnzimmer und wird zumeist von Gatito belagert. Wenn ich ihn auch mal benutzen möchte, muss ich mich mit dem Kater einigen. Aber wir können auch beide drauf liegen: ich auf dem Sessel und der Kater auf mir.

Vor ein paar Tagen dann noch der sechste Akt des Dramas. Nach dem ganzen Stress hatte ich per Mail noch mal angefragt, ob es für so viel Ärger auch eine kleine Entschädigung gibt. Diesmal dauerte es zwei Wochen, bis eine Antwort – wieder ein Rückruf – kam. Und ja, ich bekam die Speditionskosten zurück, immerhin fast 60 Euro. Ende gut, alles gut.

1 thoughts on “Der Sessel. Ein Drama in sechs Akten.

  1. Da hattest du aber großes Pech! Oder ich hatte immer großes Glück mit meinen Bestellungen – und es waren schon sehr viele – bei dieser Firma. Sie haben bei mir auch keinen externen Lieferservice, sondern kommen mit einem eigenen LKW. Anders war es bei einer Firma für Bau- und Gartenbedarf. Da kamen zwar die Pflanzkübel und die Blumenerde, aber der Gartenzaun fehlte. Nach meiner Reklamation schickte man mir eine Kopie von einem Lieferschein mit angeblich meiner Unterschrift drauf. Die war aber nicht von mir, ich unterschreine nie mit Ilona Maria und auch nicht in Druckbuchstaben! Erst als ich etwas von Urkundenfälschung vor mich hinschimpfte ging alles sehr schnell und 2 Tage später erhielt ich den Zaun.

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